Efteling als Blinder alleine besuchen: Märchenhaftes Erlebnis? Ein Erfahrungsbericht

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Efteling Eingang
Bildquelle: Thomas Frank, Parkerlebnis.de
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Kann man Efteling als Blinder alleine besuchen und alle Attraktionen nutzen? Der Test: Ohne sehende Begleitung im größten Freizeitpark der Niederlande. Ein Erfahrungsbericht von Christian Ohrens.

Efteling ist der größte Freizeitpark der Niederlande und kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Als Märchenpark begonnen, beherbergt er heute neben den traditionellen Märchen auch rasante Fahrattraktionen.

Dass man als Blinder Achterbahnfahrer in Deutschland teilweise auf zahlreiche Hürden stößt, vor allem dann, wenn man ohne Begleitung fahren möchte, zeigten bereits unsere bisherigen Freizeitpark-Tests. Es gibt jedoch auch Positivbeispiele, die beweisen, dass blinden Freizeitparkfans durchaus eine Nutzung der Attraktionen ermöglicht werden kann – ohne Verbote durch überzogene Sicherheitsbestimmungen. Mit gutem Beispiel gehen hier vor allem der Allgäu Skyline Park, Belantis oder, als bislang einziger, im Ausland getesteter Park, Tivoli in Kopenhagen voran. Die Erfahrungen aus Dänemark machten neugierig auf mehr! Und so testete ich für Parkerlebnis einen weiteren Freizeitpark im Ausland, dieses Mal Efteling in Holland.

Siehe auch: Alle Artikel aus der Reihe „Als Blinder im Freizeitpark“

Bei der obligatorischen Vorabrecherche auf der Efteling-Website stellten wir erstaunt fest, dass kein Wort über eine benötigte Begleitung, egal ob nun bei Rollstuhlfahrern oder blinden Besuchern, verloren wurde. Wer Hilfe benötige, würde diese vom Parkpersonal bekommen – ein tolles und vorbildliches Versprechen. Aber hält der Park auch, was der seinen gehandikapten Besuchern verspricht?

Anreise nach Efteling mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Efteling ist prima mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. So verkehren vom Bahnhof Tilburg aus regelmäßige Buslinien, die direkt vor dem Parkeingang halten – und „regelmäßig“ kann man hier wortwörtlich nehmen, nicht so wie bei manch Überland-Buslinien, die nur viermal am Tag verkehren.

Einlass als Blinder nach Efteling

Der Einlass gestaltete sich problemlos. Nachdem mir andere Besucher den Weg zur Kasse zeigten, erhielt ich dort mein Ticket. Auch als Gast mit Handikap zahlt man fast den vollen Eintrittspreis. Doch wenn man dafür auch die großen Attraktionen uneingeschränkt nutzen und fahren darf, ist das nur gerechtfertigt.

Orientierung als Blinder in Efteling

Das Parkgelände ist sehr weitläufig und – grob – in zwei Bereiche unterteilt, wobei sich die Hauptattraktionen zum Großteil in einem Bereich befinden. Der Weg zwischen beiden Arealen ist etwas lang gestreckt und wird von Grünanlagen gesäumt. Befindet man sich jedoch innerhalb eines Themengebiets, so liegen die einzelnen Attraktionen nicht weit voneinander entfernt. Da rasante Fahrgeschäfte eh ein Besuchermagnet sind, war es auch überhaupt kein Problem, von anderen Besuchern Hilfe zu bekommen.

Generell musste ich feststellen, dass die Parkanlagen sehr barrierefrei ausgebaut sind. Die Wege sind gepflastert, längere Treppen gibt es nicht und oftmals finden sich kleinere Rampen anstatt von Stufen. Dies gilt im Übrigen, um schon eine Sache vorweg zu nehmen, auch für die Fahrgeschäfte. Wo es nötig ist, findet man hier Treppenlifte, um auch Rollstuhlfahrer zum Einstieg hinaufbefördern zu können.

Von Baronen, Drachen, Python und Kanibalen: Attraktionen in Efteling als Blinder alleine zu nutzen?

Nach dem ich den Einlass passiert habe, wurde ich von einer Angestellten des Parks angesprochen, ob ich ein paar Infos über die Parkanlage benötige, was ich dankend annahm. Sie erklärte mir grob, in welcher Richtung sich welche Attraktion befindet und welche davon die nächstgelegene wäre. Sie informierte mich auch darüber, dass ich jede Attraktion durch den Ausgang betreten könne, was zudem mit weniger Wartezeiten verbunden wäre.

Ich machte mich somit auf dem Weg… und lief auch sogleich im Kreis und landete wieder im Eingangsbereich. Ich lief auch prompt der gleichen Angestellten in die Arme und sie bot mir an, mich zur ersten Attraktion zu begleiten.

Bobbahn (Swiss Bob von Intamin):
Die erste Station bei meinem Efteling-Test war die Bobbahn. Meine Kurzzeit-Begleitung führte mich zielsicher durch den Ausgang hinein und ließ es sich auch nicht nehmen mitzufahren. Aber auch bei einer zweiten Fahrt, dieses mal ohne Begleitung, gab es keinerlei Probleme. Das Personal stand mir hier hilfsbereit und routiniert zur Seite.

Baron 1898 (Dive Coaster von Bolliger & Mabillard):
Nächste Station war der diesjährige Neuzugang im Park, Baron 1898. Die Angestellte des Parks führte mich hier ebenfalls zum Ausgang, musste sich jedoch dann verabschieden und wieder zu ihrem Arbeitsplatz zurückkehren. Mit mir warteten noch drei andere Besucher am Ausgang der Bahn und uns wurde mitgeteilt, dass wir ca. 45 bis 60 Minuten warten müssten – die „normale“ Wartezeit lag an diesem Tag bedeutend höher! Das warten hat sich jedoch gelohnt. Nach 45 Minuten wurde ich in den Ausstiegsbereich geführt und nach nochmaliger, kurzer Wartezeit wurden mir Stock und Rucksack abgenommen und ich begab mich auf eine rasante, wenn auch recht kurze Fahrt. Nach der Fahrt ging es mit Hilfe des Mitarbeiters wieder nach draußen. Er erklärte mir noch kurz den Weg zur nächsten Attraktion und verschwand wieder im Innern des Gebäudes Gleiches galt für zwei spätere Fahrten mit dem Baron.

Baron 1898 - Efteling Dive Coaster

37,5 Meter im freien Fall in den Minenschacht: Baron 1898 ist die neueste Achterbahn in Efteling. (Foto: Parkerlebnis.de)

Python (Double Loop Corkscrew Looping-Achterbahn von Vekoma):
Nächste Station war eine weitere Achterbahn, die Python. Nach kurzem Warten am Ausgang betrat ich die Bahn, wurde jedoch am Einsteigen gehindert. Ich bräuchte eine Begleitung, aus Sicherheitsgründen – hieß es von einer Mitarbeiterin… und die Alarmglocken in meinem Kopf schellten. Ich führte an, dass ich bereits zwei Attraktionen gefahren sei, dass auch eine Mitarbeiterin vom Eingangsbereich Bescheid wisse und mir nichts von derartigen Bestimmungen erzählt hätte. Nach einem kurzen Telefonat stand jedoch einer Mitfahrt nichts mehr im Wege. Nach der Fahrt erklärte man mir, dass man derartige Situationen, dass blinde Gäste wirklich ohne Begleitung den Park besuchen und die Attraktionen nutzen wollten, in dieser Form noch nicht hatte und bat um Verständnis. Kein Problem, denn die Mitfahrt in der Python kam ja, trotz kurzer Diskussion, am Ende doch zu Stande und das im Grunde ohne Argumentationskünste. Bei zwei späteren Fahrten erübrigten sich daher derartige Vorabdiskussionen.

Python in Efteling

Die Python war die erste Achterbahn in Efteling und bietet sowohl zwei Loopings als auch zwei Korkenzieher. (Foto: Thomas Frank, Parkerlebnis.de)

De Vliegende Hollander (Wasserachterbahn von KumbaK Coasters):
Eine Mischung aus Wildwasserfahrt und Achterbahn versprach die nächste Attraktion, bei deren Mitfahrt es keinerlei Probleme gab. Wie auch schon bei den Attraktionen zuvor, betrat und verließ ich das Fahrgeschäft mit Hilfe des Aufsichtspersonals durch den Ausgang.

Vliegende Hollander - Joris en de Draak in Efteling

Ein Boot des „Vliegende Hollander“ rauscht auf dem See vor „Joris en de Draak“ ins Wasser. (Foto: Thomas Frank, Parkerlebnis.de)

Joris en de Draak/Joris und der Drache (Racing-Holzachterbahn von Great Coasters International):
Eine spannende und rasante Fahrt versprach diese, etwas außergewöhnliche Holzachterbahn. Nicht nur, dass man sich in sehr bequemen Sitzen zurücklehnen konnte, durch zwei parallel verlaufende Schienenstränge lieferten sich immer zwei Achterbahnzüge ein kleines Wettrennen – der Sieger wurde bejubelt, der Verlierer ausgebuht. Hier waren mir vor allem andere Besucher beim Einstieg und Verlassen der Bahn behilflich.

Vogel Rok (Custom MK-900 Dunkelachterbahn von Vekoma):
Im anderen Teil des Parks gelegen befindet sich diese Dunkelachterbahn. Nach den etwas rasanteren Fahrten eine im Vergleich ruhige Attraktion, bei deren Besuch mir vom Personal bereitwillig geholfen wurde.

Vogel Rok in Efteling - Adler-Eingang

Der riesige Adler am Eingang von Vogel Rok in Efteling hält einen Weltrekord als größte Vogelskulptur Europas inne. (Foto: Thomas Frank, Parkerlebnis.de)

Monsieur Cannibale (Kaffeetassen-Karussell):
Ein harmloses Karussell, welches jedoch durch die Thematik und die visuelle Aufmachung sicherlich seinen ganz eigenen Charme hat. Während man sich in überdimensionierten Kochtöpfen dreht, steht der Kanibalen-Koch schon bereit und schwingt den Kochlöffel. Der Ein- und Ausstieg war unproblematisch und unkompliziert und das Personal auch hier bei allem sehr zuvorkommend behilflich.

Monsieur Cannibale in Efteling

Monsieur Cannibale in Efteling ist ein klassisches Kaffeetassen-Karussell. (Foto: Thomas Frank, Parkerlebnis.de)

Dass Efteling mal ein Märchenpark war und seither versucht, diese Mischung aus Mystischem, Fantastischem und Abenteuer weiter beizubehalten, merkte ich bei (fast) allen von mir gefahrenen Attraktionen. Ob nun die Thematik oder das Soundsetting der jeweiligen Bahnen, hier wurde mit viel Liebe zum Detail gearbeitet – ob sich dies auch in der visuellen Aufmachung wiederspiegelt, vermag ich nicht zu beurteilen.

Fazit nach dem Test als Blinder in Efteling: hartelijke gelukwens!

Dass es in Deutschland zum Teil schwierig ist, als Blinder Achterbahn zu fahren, haben wir schon oft genug erwähnt. Dass es sich lohnt, über den Tellerrand hinaus zu blicken und zu schauen, wie Parks in den Nachbarländern mit dieser Problematik umgehen, zeigte dieser Test sehr deutlich.

Efteling konnte sein Versprechen im vollen Umfang halten! Bei allen von mir gefahrenen Attraktionen standen entweder Besucher oder Parkpersonal helfend zur Seite. Dass es einmal zu Diskussionen kam, ist nicht negativ zu werten, hier wollte man sich scheinbar lediglich rückversichern. Diesen Park können wir somit allen blinden Touristen und Freizeitparkfans empfehlen und sagen ‚Herzlichen Glückwunsch’ zum sehr guten Testergebnis. Für zukünftige Tests in niederländischen Parks wird es sich zeigen, ob das Verhalten von Efteling auch nur eine „Ausnahme“ unter all den anderen Parks war oder ob weitere Parks diesem Beispiel folgen.

Jetzt neu: Erfahrungen teilen und Efteling bewerten!

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3 Kommentare

  • Unsere Nachbarn sind uns in vielen Dingen voraus. Dort werden auch unselbstständige Rollstuhlfahrer in die Achterbahnzüge gesetzt, auch wenn es mehrere Mitarbeiter und Geduld benötigt. Selbst von allen wartenden Gästen, egal ob in der Schlange oder in anstauenden Zügen, wird das ausnahmslos nicht negativ aufgenommen. Das hab ich hierzulande noch nie so erlebt und da stehen Dutzende Parkbesuche gegen zwei in den Niederlanden.

  • Vielen Dank für diesen sehr ausführlichen und interessanten Bericht! Schön, dass Efteling auch in der Realität den positiven ersten Eindruck bestätigt!

  • Klasse – danke für diesen Artikel! Verfestigt mein eigenes ohnehin schon sehr positives Bild von Efteling noch weiter.
    Wenn er nicht so weit weg wäre, wäre ich sehr viel öfter dort zu Gast.