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Break the Rules: Movie Park Germany als Blinder alleine besuchen – Ein Testbericht

Bildquelle: Parkerlebnis

Kann man den Movie Park Germany als Blinder alleine besuchen? Der Test: Ohne sehende Begleitung im Film- und Freizeitpark in Bottrop. Ein Erfahrungsbericht von Christian Ohrens.
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Kann man als Blinder, ohne sehende (Dauer-)Begleitung einen Freizeitpark und die sich in ihm befindenden Fahrgeschäfte nutzen? Dieser Frage versuche ich seit letztem Jahr gemeinsam mit Parkerlebnis nachzugehen. Bereits der Allgäu Skyline Park bekam von uns das Prädikat „Sehr gut!“, was die Nutzung durch blinde Besucher anbelangt; der Europa-Park ist leider, wie in unserem letzten Testbericht zu lesen ist, komplett durchgefallen.

Da wir uns einen möglichst umfassenden Überblick über die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit deutscher Freizeitparks verschaffen wollen, testeten wir am 5. Juni 2015 den Movie Park Germany in Bottrop. Frei nach dem Titel einer der dortigen Shows, gestalteten wir unseren Testlauf: BREAK THE RULES! Denn eigentlich, so das Ergebnis unserer Vorabrecherchen aus dem vergangenen Jahr, dürfen blinde Menschen zwar ohne Begleitung den Park betreten, jedoch dann keine der dortigen Fahrgeschäfte nutzen. Blinde Besucher bräuchten eine sehende Begleitung, die ihnen im Falle einer Evakuierung behilflich ist. Dies erscheint unlogisch: Kinder dürfen ohne Begleitung fahren, ein (blinder) Erwachsener nicht? Ob diese Regelungen im Livebetrieb auch wirklich so umgesetzt werden, galt es zu testen.

Anreise zum Movie Park Germany mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln gestaltet sich sehr einfach: Ab Essen Hauptbahnhof entweder mit dem Zug bis zum Bahnhof Feldhausen, von dort sind es noch 10 Minuten Fußweg oder man nimmt, ebenfalls ab Essen, den Schnellbus SB16, welcher einen quasi direkt vor die Haustür fährt. Wer den Schnellbus nimmt, sollte jedoch vorher nachfragen, ob die Stationen angesagt werden. Da noch zum Teil alte Fahrzeuge auf den Schnellbuslinien verkehren, sind nicht immer Vorrichtungen für automatische Stationsansagen installiert, dies soll sich jedoch laut der Aussage eines Busfahrers im September mit der Einführung neuer Fahrzeuge ändern.

Einlass als Blinder in den Movie Park Germany

Der Einlass in den Park gestaltete sich als vollkommen unkompliziert. Blinde Besucher erhalten freien Eintritt, eine Begleitung würde nur den halben Eintrittspreis zahlen. Ich war, wie auch schon im Fall des Skyline-Park-Tests, offiziell alleine, ohne Begleitung unterwegs. Parkerlebnis-Chefredakteur Thomas Frank folgte, quasi inkognito, um die Reaktionen des Personals und der anderen Besucher besser beobachten zu können.

An der Kasse wurde mir, nach kurzer Kontrolle meines Schwerbehindertenausweises, meine Eintrittskarte ausgehändigt. Um den Park jedoch endgültig zu betreten, muss man eine elektronische Ticketkontrolle nebst Drehkreuz passieren. Das Ticket wird dabei unter einem Scanner gehalten und das Drehkreuz wird entriegelt. Hier war mir das Personal sehr zuvorkommend behilflich. Es gab, weder an der Kasse noch hier beim Einlass, Rückfragen bezüglich einer eventuellen Begleitung.

Orientierung als Blinder im Movie Park Germany

Die Orientierung im Movie Park gestaltete sich als angenehm. Es gibt verschiedene Anhaltspunkte, die ein blinder Parkbesucher zur Orientierung nutzen kann. Ob nun mit Hilfe des dortigen Straßensystems und den Bordsteinen (Vorsicht, es gibt einige wenige Filmrequisiten in Form von alten Autos, die auf der Straße stehen, die man sich aber unbedingt mal anschauen sollte), oder die stetige Präsenz von Musik, welche durch über den Park verteilte Lautsprecher zu hören ist und sich quasi wie ein roter (Leit-)Faden durch den Park zieht. Nicht zu vergessen die vielen Parkbesucher an diesem Tag, die beim Auffinden der einzelnen Attraktionen sehr behilflich waren. Und wenn man einmal den Eingang zum nächsten Fahrgeschäft gefunden hat, wird man eh durch die Queue-Lines bis zum Einstieg geleitet und kann sich am wartenden Vordermann orientieren.

Einsteigen… und los! Die einzelnen Fahrattraktionen im Test

Fazit nach dem Test als Blinder im Movie Park Germany: Herzlichen Glückwunsch!

Müssten wir unser Testergebnis beziehungsweise die Zugänglichkeit des Movie Parks für blinde Achterbahnfans benoten, so hat es „nur“ für eine Zwei gereicht, was allerdings, bedenkt man die eigentlich zu beachtenden Vorgaben bei der Fahrgeschäftnutzung, ein mehr als nur gutes Testergebnis ist.

Mir war es, als blinder Parkbesucher ohne sehende Begleitung, möglich, alle von mir ausgewählten Fahrgeschäfte zu besuchen beziehungsweise zu fahren. Auch wenn bei zwei Attraktionen (MP Xpress und Bandit) niemand als „Einstiegshilfe“ zur Stelle war, werten wir dies nicht negativ. Denn wer es sich als Blinder zutraut, alleine einen Freizeitpark zu besuchen, sollte auch über gewisse Grundkenntnisse etwa über den Aufbau eines Achterbahnwagons oder das Schließen der Bügel mitbringen, um, so wie es ja auch von einigen Parkbetreibern gewünscht und auch vorgeschrieben wird, eben auch mal selbstständig ein- und aussteigen zu können. Nur dass eben diese Parkbetreiber diese Selbstständigkeit immer im Zusammenhang mit einer Begleitung sehen – hierzu aber gleich noch mehr.

Lediglich bei zwei Attraktionen kam es zu Diskussionen mit dem dortigen Aufsichtspersonal. Uns ist natürlich bewusst, dass in diesem Fall die Aufsicht durchaus im Recht war, nichts desto trotz begrüßen wir sehr die Unkompliziertheit, mit der alle anderen Mitarbeiter mir gegenübertraten. So wie ich manchmal auch anderen Blinden sage, es ist keine Schande, Hilfe in Anspruch zu nehmen – eher im Gegenteil -, gilt es im umgekehrten Fall für Parkbetreiber: Selbstständigkeit ist nämlich nichts, was nur vom Besucher ausgehen sollte. Die Hilfsbereitschaft des Personals und auch die Bereitschaft, sich neuen Situationen und Herausforderungen zu stellen, tragen dazu bei, dass ein solcher Test wie dieser gelingen konnte und nicht, wie im Falle des Europa-Park-Tests, zu einem frustrierten, vorzeitigen Abbruch des Besuchs führen muss.

Es gibt derzeit keine konkreten Vorgaben Seitens des TÜV, was die Sicherheitsbestimmungen eines Freizeitpark-Besuchs bei blinden Menschen anbelangt. Dies zeigten uns deutlich die sehr unterschiedlich ausgefallenen Reaktionen im Vergangenen Jahr auf eine kurze Umfrage, ob es einem Blinden im jeweiligen Park möglich sei, ohne Begleitung die Attraktionen zu nutzen. Wir würden es daher sehr begrüßen, wenn der Movie Park nach diesem guten Testergebnis sein Sicherheitskonzept bezüglich blinder Parkbesucher noch einmal überdenken und überarbeiten würde.

Vor allem ist es uns sehr wichtig, dass die Mitarbeiter, die mir einen uneingeschränkten Zugang zum jeweiligen Fahrgeschäft gewährten, mit keinen negativen Konsequenzen zu rechnen brauchen! Denn genau diese Mitarbeiter haben mit der Nichtbeachtung ihrer Vorgaben für mich maßgebend zu einem Erlebnis, welches mir sonst in dieser Form verwehrt geblieben wäre, beigetragen. Nicht zuletzt haben sie dadurch auch ihrem Arbeitgeber zu dieser formellen guten Note verholfen, denn sie haben Courage bewiesen. Dies ist sehr löblich und nichts, das es – aus Sicht des Betreibers – zu „bestrafen“ gälte!

Ein Erfahrungsbericht von Christian Ohrens, freier Journalist und blinder Web- und Videoblogger aus Hamburg. Weiter Informationen zu Christian erhaltet ihr auf seiner Homepage und auf seinem YouTube-Kanal.

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Movie Park Germany

Foto: Movie Park Germany

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