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Thorpe Park in England als Blinder alleine besuchen? Ein Erfahrungsbericht

Bildquelle: Thorpe Park

Kann man den Thorpe Park in England als Blinder alleine besuchen und alle Attraktionen nutzen? Der Test: Ohne sehende Begleitung im Freizeitpark in der Nähe von London. Ein Erfahrungsbericht von Christian Ohrens.
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Freizeitparks als Blinder zu erleben und zu nutzen ist hierzulande nicht immer von Erfolg gekrönt, wie viele unserer bisherigen Testberichte zeigten. Es gibt derzeit (noch) keine einheitliche Regelung, ob blinde Parkbesucher eine Begleitung benötigen, ob sie auch ohne Begleitung fahren dürfen oder ob ihnen sogar eine Mitfahrt verwehrt ist.

Schaut man einmal über den Tellerrand hinaus, so konnten wir bei unseren bisherigen Tests ausländischer Parks feststellen, dass das Thema Hilfsbereitschaft, lösungsorientiertes Handeln und der Umgang mit Menschen mit Handikap allgemein einen ganz anderen Stellenwert zu genießen scheinen. Zwar können die getesteten Parks nicht für alle Freizeitparks des jeweiligen Landes sprechen, sie gehen in jedem Fall aber mit gutem, teils bewundernswertem Beispiel voran.

Als weiterer Park im Ländervergleich testete ich für Parkerlebnis.de den Thorpe Park, der rund 20 Kilometer von London entfernt liegt. Vorabrecherchen ergaben, dass der Park es zwar begrüßen würde, wenn blinde Besucher eine Begleitperson mitbringen würden, sie ließen diese Option jedoch für den Parkbesucher offen und schlossen somit eine Nutzung der Attraktionen ohne Begleitung nicht aus.

Anders, als bei den vorherigen Testszenarien, war ich dieses Mal mit zwei sehbehinderten Freunden im Park unterwegs gewesen. Diese haben zwar noch einen geringen Sehrest, dieser reicht jedoch nicht immer vollständig aus, um sich überall orientieren oder etwaige Beschilderungen lesen zu können. Wir konnten somit unterschiedliche Testszenarien ausprobieren: blind mit Begleitung, blinde Einzelperson ohne Begleitung sowie drei blinde Personen ohne Begleitung. Wie würde der Park mit derartigen Situationen wohl umgehen?

Anreise zum Thorpe Park mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Die Anreise zum Thorpe Park mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist äußerst komfortabel. Beispielsweise verkehren von London-Vauxhall oder Waterloo regelmäßige Regionalzüge bis Staines. Von hieraus fährt ein Shuttle-Bus in fünfzehnminütiger Taktung direkt bis vor die Tore des Thorpe Park. Achtung, Wichtig: Nutzer einer Oyster Card benötigen extra Tickets! Die Oyster Card ist nämlich nicht bis Staines gültig und die Bahnsteigaufsichten z. B. in Vauxhall gaben uns hier falsche Auskünfte. Hier unbedingt vorher beim Ticketschalter informieren. Für den Busshuttle wird ebenfalls ein Ticket benötigt, dieses kann jedoch problemlos beim Fahrer gekauft werden.

Einlass als Blinder in den Thorpe Park

Der Einlass gestaltete sich im Grunde problemlos und auch ohne jegliche Diskussionen bezüglich einer Begleitperson. Es sind für den blinden Parkbesucher jedoch auch ein paar Dinge zu beachten: Es kann sein, dass man an der Kasse nach einem ärztlichen Dokument (vermutlich ähnlich unseres Feststellungsbescheides oder Schwerbehindertenausweis) gefragt wird. Hieraus ist der Grad der Behinderung sowie der Anspruch auf eine Begleitperson ersichtlich. Mit dem Deutschen Schwerbehindertenausweis konnten die Mitarbeiter anscheinend nichts anfangen, wobei ein Blindenstock am Ende aussagekräftig genug war. Ferner, und dies gilt wieder für alle Besuchergruppen, gibt es gravierende Preisunterschiede zwischen vorab gebuchten Online-Tickets und denen an der Tageskasse – wir reden hier von Preisunterschieden von bis zu 23 Pfund (entspricht in etwa 30 Euro)! Zu planen und vorab zu buchen lohnen sich also! Jedoch verhält es sich wohl so, dass eine blinde Person, ähnlich wie in einigen weiteren Londoner Attraktionen, zwei Begleitpersonen umsonst mit hinein nehmen darf.

An der Kartenkontrolle samt dem für Parks obligatorischem Drehkreuz schließt sich das Besucher-Center an, in dem Souvenirshops, Fotostationen zum Abholen der bestellten Schlüsselanhänger oder Magneten, Waschräume sowie Gastronomie zu finden sind. Dieses Gebäude ist sehr weitläufig und erstreckt sich über mindestens zwei Stockwerke (Foto-Abholstation ist zum Beispiel oben).

Nach dem Einlass erkundigten wir uns nach dem Weg zur ersten Attraktion und erhielten eine grobe Wegbeschreibung mit dem Hinweis, doch einfach Leute unterwegs anzusprechen und nochmals nachzufragen. Ferner wurde uns mitgeteilt, dass aufgrund von Restaurationsarbeiten drei Attraktionen geschlossen hätten. Da wir aufgrund des sehr kühlen und wechselhaften Wetters zudem die Wasserattraktionen nicht testen wollten, verringerte sich somit die Zahl der Testfahrten ein wenig. Zwei weitere, kleinere Fahrgeschäfte verweigerten während des Tages außerdem noch den Dienst und waren so ebenfalls nicht testbar.

Orientierung im Thorpe Park als Blinder

Auch dem Sehenden erschließen sich nicht sofort alle Wege – dies für all diejenigen vorab, die glauben, dass eine Begleitung automatisch alles einfacher macht. Die Parkanlage ist sehr weitläufig und ist geprägt durch einige Grünanlagen und vor allem durch Wasser, was dem Park somit ein gewisses Flair verleiht. Da zudem an diesem Mittwoch Ende Mai weniger Besucher im Park unterwegs waren, konnte es manchmal etwas dauern, bis wir den Eingang zu einer Attraktionen gefunden hatten.

Blick über’s Wasser im Thorpe Park. (Foto: Christian Ohrens)

Jedoch gibt es an manchen Stellen – ähnlich wie im Movie Park Germany – aufgestellte Lautsprecher, aus denen entweder Soundkulissen zu den sich in der Nähe befindenden Attraktionen oder Musik abgespielt wurde und deren Verlauf man durchaus als Orientierungshilfen nutzen sollte.

Eine weitere Schwierigkeit waren die sehr weitläufigen Eingangsbereiche der einzelnen Bahnen. Lange, labyrinthartige Warteschlangen müssen teils zurückgelegt werden, bis man am Ende vor dem Einstieg in das jeweilige Fahrgeschäft steht. Es kann auch passieren, dass eine Bahn zwei Ein- bzw. Ausstiegsmöglichkeiten hat – siehe unser zuerst getestetes Fahrgeschäft.

Nutzung der Fahrgeschäfte im Thorpe Park als Blinder – der Test

Wie eingangs erwähnt fielen aufgrund der Witterung sowie von Wartungsarbeiten mehrere Attraktionen leider weg. Nichtsdestotrotz denken wir, dass wir dennoch die wichtigsten Bahnen testen konnten.

Fazit: Congratulations!

Frei nach dem Motto „anderes Land, andere Art und Weise mit blinden Gästen umzugehen“ testeten wir an einem Mittwoch Ende Mai den Thorpe Park Nähe London. Etwas, das wir schon bei unserer Sightseeing-Tour durch London feststellen durften, nämlich, dass man viel offenherziger, lockerer und entspannter mit Menschen mit Handikap umzugehen scheint, bestätigte sich auch bei unserem Testaufenthalt im Thorpe Park.

Bei insgesamt sieben Testfahrten wurde uns entweder von anderen anwesenden Besuchern oder vom Aufsichtspersonal geholfen. Es kam an keiner Stelle irgendeine Diskussion bezüglich einer nicht vorhandenen Begleitperson auf, da zumindest einer meiner Mittester zeitweise zur besseren Orientierung auch mit Blindenstock rumlief. Das Aufsichtspersonal hielt sich zwar manchmal eher im Hintergrund, dies jedoch auch nur, weil sie feststellen konnten, dass andere Mitfahrer bereits helfend eingegriffen hatten und für sie somit kein Handlungsbedarf bestand. Wie erwähnt, gehen wir jedoch davon aus, dass ein blinder Besucher, sollte einmal kein anderer Gast zur Stelle sein, trotzdem die benötigte Assistenz bekommen würden.
Wir sagen daher auch dem Thorpe Park „herzlichen Glückwunsch“ zum sehr guten Testergebnis!

Vor „Saw – The Ride“. (Copyright: Christian Ohrens)

Bisherige Testberichte in der Übersicht:

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Thorpe Park

Foto: Thorpe Park

Der englische Thorpe Park bietet ein actiongeladenes Attraktionsangebot. Mit SAW – The Ride, der weltweit ersten Horror-Achterbahn, ist ein schaurig schönes Highlight im Vergnügungspark vertreten. » Infos

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